Longevity 2
RegenerationGesundheit12 min Lesezeit

Blue Zones: Ernährung, Lebensweise und Lebenserwartung

veröffentlicht von Dr. Andrea Gartenbach in Regeneration am 12.11.2025
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Dr. Andrea Gartenbach

Es gibt Orte auf der Welt, an denen die Menschen überdurchschnittlich alt werden – und überdurchschnittlich lange gesund bleiben. Auffällig ist, dass es trotz großer räumlicher Distanzen viele Gemeinsamkeiten in diesen sogenannten Blue Zones gibt. Die gute Nachricht: Du musst nicht in einer dieser Zonen leben, um gesund alt zu werden. Du kannst von ihnen lernen und deinen Alltag selbst zur Blue Zone machen. 

Die Suche nach einem Leben in langer Gesundheit ist Kern der Longevity-Forschung. Ziel ist es, nicht nur das Leben als solches zu verlängern, sondern vor allem das gesunde Leben, in dem wir frei von Krankheiten unseren liebsten Aktivitäten nachgehen können. Die blauen Zonen liefern der Longevity-Forschung dabei wertvolle Erkenntnisse, die wir hier im Detail entschlüsseln werden.

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Was sind Blue Zones?

Blue Zones – zu deutsch blaue Zonen – sind Regionen der Welt, in denen Menschen besonders alt werden und insgesamt gesünder leben. Sie teilen dieselbe räumliche Umgebung und dieselbe Lebensweise und leiden seltener unter Krankheiten, wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz, die in der restlichen Welt weit verbreitet sind. 

Der Begriff „Blue Zones“ stammt jedoch nicht aus der Wissenschaft, sondern aus einer journalistischen Recherche: Der Autor Dan Buettner prägte ihn im Rahmen einer National-Geographic-Expedition zur weltweiten Suche nach Langlebigkeits-Hotspots. Auch wenn viele der beobachteten Lebensgewohnheiten gesundheitsfördernd erscheinen, ist das Konzept nicht wissenschaftlich standardisiert. 

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Kritik an den blauen Zonen: Wissenschaftliche Einordnung

  • Wissenschaftler:innen kritisieren zunehmend, dass es sich bei den Blue Zones um ein populärwissenschaftliches Konstrukt handelt, das nicht auf einheitlich validierten Daten basiert. Zwar wirken viele Empfehlungen aus diesen Regionen plausibel und sind mit bekannten Gesundheitsfaktoren vereinbar – doch die Datengrundlage ist in Teilen unscharf oder nicht ausreichend belegt.
  • So räumte Buettner selbst ein, dass Loma Linda eigentlich keine klassische blaue Zone sei. Auch in Okinawa sinkt das durchschnittliche Lebensalter – was auf den wachsenden Einfluss westlicher Lebensstile zurückgeführt wird.
  • Zudem stößt die Kommerzialisierung auf Kritik: Der Begriff „Blue Zones“ ist markenrechtlich geschützt, und Buettner veröffentlicht regelmäßig neue Bücher dazu – trotz einer begrenzten wissenschaftlichen Fundierung.
  • Dennoch: Die Blue Zones liefern wertvolle Impulse für einen gesunden Lebensstil – vorausgesetzt, man versteht sie als Inspiration, nicht als wissenschaftliches Dogma. 
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Wo sind die 6 blauen Zonen auf der Welt?

Während der Expedition konnten die Forscher:innen um Dan Buettner fünf Regionen ermitteln, die bis heute als die blauen Zonen bekannt sind: Sardinien in Italien, Ikaria in Griechenland, die Okinawa-Inseln in Japan, die Nicoya-Halbinsel in Costa Rica und Loma Linda in Kalifornien, USA. 

Neu hinzukommen ist kürzlich Singapur als sechste und erste neue blaue Zone seit Jahrzehnten. Eine weitere mögliche blaue Zone, Österbotten in Finnland, wird derzeit noch genauer untersucht.

Sardinien, Italien

Im Süden Europas, auf der Insel Sizilien, leben in den Bergdörfern überdurchschnittlich viele hundertjährige Männer. Das Dorf Seulo hielt von 1996 bis 2016 einen besonderen Rekord: 20 der 900 Einwohner waren über hundert Jahre alt. 

Blue Zones

Ikaria, Griechenland

Die nächste Insel, wieder in Südeuropa: Auf Ikara erreicht etwa jede:r Dritte das Alter von 90 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, sei hier laut Beobachtungsdaten von Buettner 20 Prozent geringer, bei Herzkrankheiten könnten es sogar 50 Prozent sein. Demenz gäbe es Buettner zufolge fast gar nicht. 

Blue Zones Ikaria

Okinawa-Inseln, Japan

Okinawa galt lange als Vorzeigeregion für Langlebigkeit mit niedrigen Raten an Demenz und Herzerkrankungen. Heute ist das nur noch bei der älteren Generation der Fall. Jüngere Menschen übernehmen zunehmend einen westlichen Lebensstil mit Fast Food und geringerer Bewegung – und verlieren dadurch viele der ursprünglichen Gesundheitsvorteile. 

Blue Zones Okinawa

Nicoya, Costa Rica

Die vierte blaue Zone ist die Halbinsel Nicoya in Costa Rica. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 4,8 Prozent wird ein 60-jähriger Mann hier 100. Laut BBC ist die Wahrscheinlichkeit, 100 zu werden, auf Nicoya dreieinhalbmal höher als im weltweiten Durchschnitt. 

Blue Zones Nicoya

Loma Linda, Kalifornien, USA

Im US-amerikanischen Loma Linda in Kalifornien lebt mit rund 9000 Mitgliedern eine der größten Gemeinden der Siebenten-Tags-Adventisten weltweit. Die Stadt wird jedoch vorrangig als blaue Zone deklariert, da der amerikanische Verlag von Dan Buettner einen amerikanischen Ort unter den blauen Zonen vermisst hat, wie der Autor selbst zugegeben hat. Loma Linda ist zudem die einzige blaue Zone, die keine Insel bzw. Halbinsel ist. 

Blue Zones Loma Linda

Singapur, Stadtstaat

Der Stadtstaat Singapur ist seit 2023 die sechste offiziell anerkannte Blaue Zone – und die erste Großstadt auf der Liste. Singapur kombiniert eine exzellente Gesundheitsversorgung mit konsequenter Prävention: Rauchverbote, hohe Zuckersteuern, viel Grünraum, gute Luftqualität und ein starkes Gemeinschaftsgefühl tragen zur hohen Lebenserwartung bei. Trotz urbanem Umfeld erreichen viele Bewohner:innen ein bemerkenswert hohes Alter. 

Blue Zones Singapur
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Lebensweise für ein langes Leben in den Blue Zones

Es ist jedoch kein Zufall, dass ausgerechnet diese Regionen zu den blauen Zonen zählen. Die Menschen, die in ihnen leben, teilen einen bestimmten Lebensstil, der zu einer hohen Lebenserwartung und Gesundheit beizutragen scheint. Vor allem fünf Gemeinsamkeiten konnte das Team von Dan Buettner identifizieren – und du kannst sie alle in dein persönliches Leben integrieren:

  • geringer Tabak- und Alkoholkonsum: Die Bewohner:innen der blauen Zonen rauchen und trinken deutlich weniger als der weltweite Durchschnitt – oder verzichten ganz darauf.
  • pflanzenbasierte Ernährung: Die Ernährung in den blauen Zonen basiert vorrangig auf Pflanzen, insbesondere auf Hülsenfrüchten.
  • regelmäßige Bewegung: Die Menschen in den blauen Zonen bewegen sich täglich ganz natürlich – etwa beim Spaziergehen, beim Ausdauer fördernden Bergaufsteigen oder bei der Gartenarbeit. Letztere bringt durch das häufige Aufstehen aus der Hocke Kraft, Beweglichkeit und Stabilität.
  • soziales Engagement: Menschen von jung bis alt sind in die Gemeinschaft integriert und unterstützen sich gegenseitig in ihrem Alltag.
  • Familie an erster Stelle: Die Familie und allgemein soziale Bindungen spielen in den blauen Zonen eine besonders große Rolle. 
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Ernährung in den Blue Zones: Pflanzen statt Fleisch

Vor allem das Thema Ernährung in den blauen Zonen ist gut erforscht und weist einige Gemeinsamkeiten auf, die eine positive Wirkung auf die Langlebigkeit plausibel erscheinen lassen – und sie steht in vielen Punkten im Kontrast zu unserer westlichen Ernährung.

Besonders auffällig: Bewohner:innen der blauen Zonen ernähren sich vorrangig pflanzlich. Durchschnittlich essen sie nur 250 Gramm Fleisch – im Monat. Zum Vergleich: 2024 haben Menschen in Deutschland durchschnittlich über 4 Kilogramm Fleisch pro Monat konsumiert und damit mehr als das 16-fache. Der Grund für die vorrangig pflanzliche Ernährung: Ein hoher Fleischkonsum wird mit Entzündungen und chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Gleichzeitig achten die Menschen auf eine ausreichende Eiweißzufuhr – vor allem durch Hülsenfrüchte und zwei- bis drei wöchentliche Fischmahlzeiten. 

Eine weitere auffällige Gemeinsamkeit: Die meisten Lebensmittel werden selbst angebaut und unverarbeitet verzehrt. Dadurch essen sie außerdem sehr abwechslungsreich und saisonal. Und: Die Garbeitenarbeit kommt der natürlichen Bewegung zugute!

Bevorzugte Lebensmittel in den Blue Zones:

  • vorrangig unverarbeitete Lebensmittel
  • wenig Zusatzstoffe, Zucker oder Transfettsäuren
  • vorrangig kalorienarme Lebensmittel
  • Vollkornprodukte
  • Hülsenfrüchte
  • saisonales und fermentiertes Gemüse und Obst
  • wenig Milchprodukte, meist Käse oder Quark

Und: In den meisten Blue Zones fasten die Bewohner:innen regelmäßig und achten allgemein darauf, etwas weniger Kalorien täglich zu sich zu nehmen, als sie verbrauchen, sodass sie permanent in einem leichten Kaloriendefizit leben.

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10 Tipps: Bringe die blauen Zonen in deinen Alltag

Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass du in keiner der sechs blauen Zonen lebst. Du kannst aber von ihnen lernen und mit den folgenden zehn Tipps gute Gewohnheiten aus den blauen Zonen in deinen Alltag integrieren.

  1. Suche sozialen Kontakt: Triff dich regelmäßig mit Freund:innen, verbringe Zeit mit deiner Familie, besuche deine Großeltern und sei aktiv in der Gemeinschaft – zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen, Spielen oder Bewegen. Der regelmäßige Austausch mit Menschen jeden Alters fördert nachweislich Gesundheit und Langlebigkeit.
  2. Bewege dich regelmäßig: Du musst kein:e Marathonläufer:in werden. Schon kleine Veränderungen im Alltag mache einen Unterschied – steige eine Haltestelle früher aus, parke dein Auto bewusst etwas weiter weg oder verabrede dich zum Spaziergang statt im Café. So integrierst du Bewegung ganz nebenbei in deinen Tag.
  3. Ehre die Hülsenfrüchte: Integriere Linsen, Bohnen und Kichererbsen in deinen Speiseplan – am besten langsam und stetig. Sie sind reich an Eiweiß, Ballaststoffen und Vitaminen und sind eine hervorragende Fleischalternative. Wichtig: Wer zu schnell zu viel davon isst, kann Blähungen bekommen. Deshalb gilt hier: mit kleinen Portionen starten.
  4. Reduziere den Fleischkonsum: Keine Sorge: Du darfst weiterhin Fleisch essen. Achte dabei auf eine hohe Qualität, möglichst geringe Verarbeitung und versuche, es auf etwa einmal pro Woche zu begrenzen. Vegane Ersatzprodukte können eine gute Alternative sein – solange sie nicht hochverarbeitet oder voller Zusatzstoffe sind. Je natürlicher, desto besser.
  5. Überdenke deine Gewohnheiten: Viele Gewohnheiten in der westlichen Welt schaden uns: Versuche, mit dem Rauchen (egal welcher Art) und und mit Alkohol aufzuhören – oder auf maximal zwei Gläser pro Woche zu reduzieren.
  6. Schaffe neue Gewohnheiten: Gewohnheiten helfen dir, regelmäßig Gutes für Körper und Geist zu tun. Bewegung zum Beispiel kann nachhaltige Glücksgefühle erzeugen und kurzfristige Peaks – etwa durch eine Zigarette – langfristig ersetzen. Wichtig: Neue Gewohnheiten brauchen Zeit, bis sie sich festigen. Bleib geduldig – es lohnt sich!
  7. Bewegung mit Spaß: Finde ein Hobby, das dir Spaß macht und dich gleichzeitig in Bewegung hält – sei es Gartenarbeit, Yoga oder Wandern. Oder stell dir ein Laufband unter deinen höhenverstellbaren Schreibtisch!
  8. Priorisiere deinen Schlaf: Gönne deinem Körper Erholung und schenke ihm regelmäßigen Schlaf, indem du immer in etwa zur selben Zeit ins Bett gehst – auch am Wochenende. Nachts machen sich Körper und Geist für den Tag bereit!
  9. Ruhe im Alltag: Schaff dir auch tagsüber kleine Inseln der Erholung: Setz dich für zehn Minuten aufs Sofa und mach einfach mal die Augen zu. Lies ein Buch. Setz dich auf deinen Balkon und schau einfach mal in die Sonne.
  10. Lebe natürlich: Insgesamt gilt: Je näher du an der Natur lebst, desto gesünder bist du: Iss vor allem unverarbeitete Lebensmittel, achte auf eine abwechslungsreiche, saisonale Kost und bewege dich in regelmäßigen Abständen.

Bonus-Tipp: Gib deinem Leben einen Sinn! Die Menschen in den blauen Zonen beweisen, dass es ihrer Gesundheit gut tut, eine Aufgabe im Leben zu haben – sei es das Engagement in der Gemeinschaft, die Pflege eines Gartens oder etwas gänzlich anderes. Regelmäßige Reflexion – zum Beispiel durch Journaling – kann ebenfalls helfen, Klarheit über die eigenen Werte und Ziele zu gewinnen und ein tieferes Gefühl von Sinn zu entwickeln. 

Das Leben in den blauen Zonen ist nicht revolutionär anders. Die meisten gesunden Gewohnheiten kennen wir bereits selbst. Hier kommen allerdings besonders viele von ihnen zusammen. 

Jeder einzelne Tipp kann dir bereits helfen, länger und gesünder zu leben und du musst nicht alles auf einmal in dein Leben integrieren. Wähle zunächst die Gewohnheiten aus, die dir möglichst einfach erscheinen und versuche nach und nach mehr davon umzusetzen.

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Von den Blue Zones lernen

Trotz der Kritik am Konzept der Blue Zones sind insbesondere die Erkenntnisse zur Ernährung und Lebensweise in der Longevity-Forschung gut belegt und zeigen einen positiven Einfluss auf die langfristige Gesundheit und Lebenserwartung. Die möglicherweise kommerziellen Interessen hinter den blauen Zonen schaffen Aufmerksamkeit für Longevity und eine gesunde Lebensweise – die du einfach in deinen Alltag integrieren kannst.

Mit einer mäßigen Kalorienzufuhr, einer vorrangig pflanzlichen Ernährung, regelmäßiger Bewegung im Alltag, starken sozialen Bindungen und einem Lebenssinn tust du Körper und Geist ganz einfach etwas Gutes – und förderst deine Gesundheitsspanne nachhaltig.

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FAQ – Häufige Fragen zu den Blue Zones